Facebook vs. Bundeskartellamt

Facebook vs. Bundeskartellamt


Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat den Facebook-Fall im einstweiligen Verfahren entschieden. Das ist für das Bundeskartellamt nicht gut ausgegangen, und damit haben die Hoffnungen, dass mit dem Kartellrecht die digitalen Märkte gut zu erfassen sind, einen Dämpfer erhalten. Rupprecht Podszun hat ein paar, eher unsortierte Gedanken dazu notiert.

Bitter. Das war das Wort, das mir zuerst einfiel, als ich von der Entscheidung des OLG Düsseldorf in Sachen Facebook hörte. Bitter für das Kartellamt, das sich ja nun doch einige Mühe (drei Jahre) gegeben hatte und seinen Facebook-Entscheid mit viel Verve international vertreten hatte. Einige meiner Kollegen, die des Deutschen nicht mächtig sind, fragten mich, was da denn passiert sei, denn eine englischsprachige Pressemitteilung oder gar eine Übersetzung der 37 Seiten aus dem 1. Kartellsenat gibt es (bislang) nicht.

Den Beschluss in deutscher Sprache finden Sie hier: http://www.olg-duesseldorf.nrw.de/behoerde/presse/Presse_aktuell/20190826_PM_Facebook/20190826-Beschluss-VI-Kart-1-19-_V_.pdf

Zum Beschluss in englischer Sprache erzähle ich Ihnen später etwas.


Also, was ist da passiert?

Die Antwort ist simpel: Unsere schönen kartellrechtlichen Entscheidungen zur digitalen Welt müssen den Test der Gerichte bestehen. Und die Facebook-Entscheidung hat diesen Test in erster Instanz, im Eilverfahren beim OLG Düsseldorf, nicht bestanden. In dieses Eilverfahren hat das Amt Facebook geradezu hereingetrieben, indem man in den Entscheidungstenor geschrieben hatte, man werde mit dem Vollzug nur warten (und also „still halten“, wie es so heißt), bis in erster Instanz im einstweiligen Verfahren die Beschwerde durch ist. Sonst sind einstweilige Verfahren zur Anfechtung von BKartA-Entscheidungen ja eher selten, weil man gerad auch mal das Hauptsacheverfahren abwarten kann. Aber hier stürmte und drängte eben einiges.

Der Begriff „Eilverfahren“, der gelegentlich für die Verfahren nach § 65 GWB, also ein Verfahren zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung, verwendet wird, ist relativ. Das OLG hat mehrere Monate über dem Fall gesessen. Aber seit der BGH-Entscheidung zur Rossmann-Geldbuße, mit der das OLG aufgehoben wurde wegen verspäteter Abgabe des Urteils zu den Akten, wissen wir ja, dass die OLG-Kartellsenate viel zu tun haben. (Bei Rossmann war freilich ein anderer Senat betroffen).

Seite 1/37.

Hier hat der Senat von Prof. Kühnen gesprochen, der Vorsitzende hat mit Richter Lingrün und Richterin Prof. Lohse entschieden. Um klare, eindeutige Worte ist dieser 1. Kartellsenat bekanntlich nicht verlegen. Und das gilt auch für den Beschluss zu Facebook. Eine Zeitung hatte formuliert, der Beschluss des Amtes sei „zerpflückt“ worden. Ich hätte im einstweiligen Verfahren eher erwartet, dass sich der Senat die Entscheidung offenhält, nach dem Motto: „Das sind alles schwierige Rechtsfragen und momentan sind wir eher nicht überzeugt.“ Nein, so ist es nicht gekommen. In der Entscheidung stehen Sätze wie dieser:

„Abgesehen davon, dass dieser Gesichtspunkt an den Gebotsaussprüchen der angefochtenen Amtsentscheidung vorbeigeht, weil sie ohne Rücksicht auf die genannten Aspekte alle Mehrdaten erfassen, sind die Ausführungen in der Sache substanzlos und nichtssagend.“

Ich sagte ja, dass es für das Amt bitter ist.


Like or dislike?

Was ist von der OLG-Entscheidung nun zu halten? Für Nicht-Juristen (m/w/d) scheint es geradezu unvorstellbar, dass eine Behörde zu einem Ergebnis kommt, ein Gericht zu einem anderen und man als Betrachter erst einmal davorsteht und sagt: Ja, beide Seiten lassen sich hören. (Dieser Ausdruck „das lässt sich hören“ ist für Nicht-Juristen allerdings auch schon eine Zumutung, das gestehe ich gern).

Gesetze und Präzedenzfälle können unterschiedlich gelesen werden. Jura ist Diskurs, liebe Freundinnen und Freunde, und der Diskurs lebt davon, dass alle bereit sind, dazuzulernen. Ich habe die Entscheidung des Amtes vom Februar verteidigt und halte sie für vertretbar. Aber dem OLG Düsseldorf ist sicher zuzugeben: Man kann die BGH-Rechtsprechung in VBL Gegenwert und Pechstein auch anders lesen als das Amt. Man kann über die Kausalitätserfordernisse im Rahmen des Missbrauchsrechts streiten. Man kann sich fragen, ob die Abhilfemaßnahmen in diesem Fall passgenau formuliert sind. Und natürlich, die Gretchenfrage dieses Verfahrens, lässt sich auch hören (sorry), dass das Amt den Schaden für den Wettbewerb, der all die Datenschutzthemen zu Kartellrechtsthemen macht, noch deutlicher hätte herausarbeiten müssen.

Vielleicht, so habe ich gedacht, hätte sich das Amt einen Gefallen getan, wenn es viel mutiger vorangeprescht wäre und gesagt hätte: Ja, wir probieren hier etwas Neues! Das hier ist Kartellrecht 4.0! Und wir versuchen jetzt ernsthaft, den Ausbeutungsmissbrauch zu effektivieren, der so lange im Dornröschenschlaf lag!

Vielleicht hätte das das OLG eher beeindruckt als der Versuch, aus schwer verständlichen BGH-Entscheidungen wie VBL Gegenwert ein Muster für die digitale Ordnung der Märkte herauszulesen. Sie merken, liebe Leserinnen und Leser, meine Nachdenklichkeit. Und ich spüre schon beim Schreiben Ihre Enttäuschung, dass es hier kein spektakuläres Gemetzel gibt. Das können andere schneller und besser als ich (bitte wenden Sie sich dazu an Twitter).


Die Entdeckung des Wettbewerbsschadens

Die Entscheidung des OLG ist durch und durch juristisch. Ökonomische Erwägungen oder data economics spielen im Prinzip keine Rolle. Darüber sollte der Begriff „wettbewerbsschädlich“ nicht hinwegtäuschen. Wenn das OLG mit diesem Begriff operiert, ist das nicht als eine Anerkennung des „effects based approach“ nach europäischer Art zu verstehen. Der Begriff der Wettbewerbsschädlichkeit spielt in der Entscheidung eine zentrale Rolle, denn „das Unwerturteil des Missbrauchs von Marktbeherrschung setzt ein wettbewerbsschädliches Verhalten voraus.“

Ein „wettbewerbsschädliches Verhalten“, das ist aber ein normativ aufgeladener Begriff:

„Eine wettbewerbsschädliche Ausbeutung der Nutzer des Facebook-Netzwerks durch die Konditionen über die Erfassung, Verknüpfung und weitere Verarbeitung der Mehrdaten folgt nicht aus dem vom Amt angenommenen Datenschutzrechtsverstoß. Die Verwendung von nach Wertungen der Rechtsordnung unzulässigen Vertragskonditionen indiziert als solche noch keine Gefährdung der Schutzgüter des Kartellgesetzes (Freiheit des Leistungswettbewerbs und Offenheit der Marktzugänge).“

Merke: Missbrauch verlangt Wettbewerbsschaden, Wettbewerbsschaden verlangt die Gefährdung der Schutzgüter des Kartellgesetzes, diese Schutzgüter sind die Freiheit des Leistungswettbewerbs und die Offenheit der Marktzugänge. Leistungswettbewerb, nur zur Erinnerung, das ist ein Schlüsselbegriff der sozialen Marktwirtschaft, den Hans Carl Nipperdey 1930 erstmals in die deutsche Rechtswissenschaft einführte, und den Franz Böhm ordoliberal popularisierte (siehe dazu die Habilitationsschrift „Wettbewerbsfreiheit“ von Jan Henrik Klement, 2015, S. 211 ff.). Es gibt sie noch, die guten Dinge.


Ein institutionelle Bemerkung

Wir erleben in diesem Verfahren auch eine Art institutionellen Clash, der einmal kommen musste: Im Bundeskartellamt arbeiten Juristen und Ökonomen zusammen, man ist stark involviert in einen internationalen Diskurs, ist versehen mit einem gewissen policy-drive. Das trifft auf ein Dreier-Gremium erfahrener Richterpersönlichkeiten, die strikt das Gesetz anwenden. Das führt zu unterschiedlichen Ansätzen, Herangehensweisen, Auslegungen. In unbekannten Gewässern ist dann schwer einzuschätzen, wie weitgehend die Rechtsprechung bereit ist, einem neuen Kurs zu folgen.

Wandgemälde im OLG Düsseldorf
Eines der Wandgemälde im Plenarsaal des OLG Düsseldorf, die Rechtsprechung im Mittelalter zeigen.


Wie geht es weiter?

Andreas Mundt hat bereits per Tweet angekündigt, dass das Amt Rechtsbeschwerde zum BGH anstrengt. Einerseits würde mich sehr wundern, wenn das Amt dort Recht bekäme, denn der BGH hat mehrfach betont, dass im Verfahren zu § 65 Abs. 2 GWB nur eine Plausibilitätskontrolle der OLG-Entscheidung stattfindet. So heißt es etwa in Sulzer/Kelmix (Rn. 10):

„Entscheidungen des Beschwerdegerichts nach § 65 Abs. 3 GWB können im Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt überprüft werden. Das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB ist ein Eilverfahren, in dem anders als im Beschwerdeverfahren nach § 63 GWB keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der angefochtenen Verfügung der Kartellbehörde erfolgt. Nach § 65 Abs. 3 Nr. 2 GWB ist Prüfungsmaßstab für die vom Beschwerdegericht vorzunehmende Rechtmäßigkeitskontrolle, ob „ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung“ bestehen. Das Rechtsbeschwerdegericht prüft das dabei vom Beschwerdegericht gefundene Ergebnis nur auf rechtliche Plausibilität (BGH, Beschl. v. 8. 5. 2007 – KVR 31/06, WuW/E DE-R 2035 Tz. 17 – Lotto im Internet).“

Wenn man sich wirklich darauf beschränkt, würde ich sagen: Plausibel ist das, was das OLG schreibt, schon.

Andererseits würde mich wiederum gar nicht wundern, wenn der BGH zu einem anderen Ergebnis kommt als das OLG, denn das scheint ja inzwischen betriebliche Übung beim Kartellsenat des BGH zu sein.

Das OLG hat laut Pressemitteilung zum Beschluss auf eine Terminierung der Hauptsache verzichtet und wird wohl erst das BGH-Verfahren abwarten. Dann entscheidet das OLG im Hauptsacheverfahren. Da müsste schon einiges passieren, wenn das OLG in der Hauptsache von seiner jetzigen Überzeugung abrücken würde. Danach wäre wieder der BGH im Rechtsbeschwerdeverfahren der Hauptsache an der Reihe. OLG oder BGH könnten überdies als game changer den Europäischen Gerichtshof mit einer Vorlage befragen. Denn nur weil das Amt merkwürdigerweise auf die Prüfung von Art. 102 AEUV verzichtet hat, heißt das ja noch lange nicht, dass Art. 102 AEUV hier nicht greift. Ob das Kartellamt in der Zwischenzeit irgendwann mal vollzieht oder ob man nicht erst lieber Rechtskraft abwartet, ist offen.


Dum-di-dum

Ein solcher Vollzug wird also, wenn er je kommt, auf sich warten lassen. Und wir warten darauf seit 2016, seit das Bundeskartellamt das Verfahren eingeleitet hat. Facebook hat inzwischen angekündigt, die Infrastruktur seiner drei Dienste Facebook, Whatsapp und Instagram technisch zu integrieren. Wenn das passiert ist, haben wir Rührei, das man nie wieder in drei getrennte Eier auseinander dividieren kann.

Kurzum: Das dauert zu lange! Google Shopping zog sich schon bei der Kommission 7 Jahre hin und hängt jetzt in den Mühlen der Gerichtsbarkeit. Das Facebook-Verfahren hat inzwischen dreieinhalb Jahre auf dem Buckel. Entweder bekennen wir uns stolz zur Langsamkeit des Rechts, die ja auch ihr sehr Gutes hat, oder wir beschleunigen ernsthaft. Eine rechtskräftige Entscheidung zu den Digitalmärkten nach 10 Jahren ist nur noch ein historisches Kuriosum, aber keine effektive Rechtsgewährung mehr.


Materielle Änderungen

Auch in materieller Hinsicht lässt sich etwas tun. Der Zeitpunkt ist günstig. Sollte im politischen Berlin der eine oder andere, der die Tech-Titanen gern gezähmt sähe (und das sind ja im Prinzip alle), vom Ausgang des OLG-Verfahrens enttäuscht sein, bietet die GWB-Novelle die Möglichkeit, rasch nachzujustieren. Das GWB ist der richtige Regelungsort: Unser Hauptbedenken ist der Wettbewerb, und hier haben wir es mit Unternehmen zu tun, die Gatekeeper für zahlreiche Branchen geworden sind. Immer war das GWB auch ein wichtiger Markstein der Medienbranche, die hier betroffen ist, auch wenn es eben andere Medien sind als die guten alten Lokalzeitungen, die mit dem GWB so trefflich reguliert werden können. Jetzt kann Berlin Mut zeigen und sogar (hello, Industriepolitiker!) etwas für deutsche Unternehmen tun, die in ihren wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten abhängig von den Betreibern der digitalen Ökosysteme werden.

Economist Cover von 2018

Wer meint, dass auch Verbraucher ein Recht auf wirtschaftliche Selbstbestimmung haben, der sollte die Datenschutzbehörden in Deutschland schlagkräftig machen und die UWG-Durchsetzung durch eine behördliche Kompetenz (natürlich beim BKartA) ergänzen.


Ist da vielleicht auch früher schon…?

Es ist unter Kartellrechtsexperten eine bekannte Weisheit, dass mit der Missbrauchsaufsicht nur schwer ausgebügelt werden kann, was in der Fusionskontrolle versäumt wurde. Hätte die Kommission nicht leichtfertig Facebook/WhatsApp freigegeben, hätte sich der Fall möglicherweise nie gestellt. Hätte, hätte, Fahrradkette.


And now, in English please!

Einigen ausländischen Kollegen hatte ich vollmundig versprochen vage in Aussicht gestellt, dass wir im Blog vielleicht eine englischsprachige Fassung der Entscheidung veröffentlichen könnten. Wir haben die 37 Seiten OLG daraufhin durch einen Computer gejagt. Dann habe ich das gelesen und gelacht gedacht: Herrlich! Diese ganze Software und Künstliche Intelligenz und Facebookeritis ist doch noch längst nicht so weit, wie wir das immer denken. Vielleicht sind die im Silicon Valley doch viel besser im Marketing als im Datenauswerten.

Die ersten paar Seiten haben wir noch etwas bearbeitet, aber auch wirklich nur das Gröbste, aber irgendwann sind auch die Kapazitäten eines Lehrstuhls erschöpft. Ein deutsches Gerichtsurteil ins Englische zu übersetzen, das ist selbst softwaregestützt ungefähr so nervenaufreibend wie einem 15jährigen Pubertier erklären zu müssen, dass es nicht dauernd in den (a)sozialen Diensten daddeln soll. Und so präsentieren wir hier nur eine Art Wortsteinbruch, das OLG-Urteil in einer nicht verständlichen englischen Fassung:

Sorry, guys!

Und hier noch ein Song fürs Wochenende! Haben Sie ein schönes solches!

12 Gedanken zu „Facebook vs. Bundeskartellamt

  1. Faschinating blog article. Thank you so much. I am reading the decision in German so I can brief colleagues on it. (I am a competition lawyer at another tech business.)

    I don’t often read German case reports so I can’t tell how much the style and level fo detial departs form the norm but this one sure is hard hitting. Nothing is left untouched. The court even attacked the BKA’s reasoning on the loss of control which surprised me.

    I have to say I agree with what I have read so far. I wasn’t convinced when I read the BKA’s decision last month and didn’t find the causality arguments at all compelling (although as a UK lawyer I don’t know Pechstein and VBL). The BKA also failed to show the effect on competition with third parties in any detail. All in all – I think the harsh ruling is deserved – the BKA did something brave but dropped the ball with what was clearly going to be the most important part of their decision. It’s almost as if they didn’think they had to do it.

    I’m more ambivalent on market definition – I thought the BKA was overly narrow but it was always obvious Facebook is dominant on some sort of social media market.

    P.S. I love it when I can combine my first degree (languages) with my legal one and thus prove I didn’t waste all those years as an undergrad.

  2. Dieses Urteil hat viele hochspannende Facetten. Rechtlich sehr interessant finde ich die Positionierung des Senats zur Missbrauch marktbeherrschender Stellung gegenüber Endverbrauchern. Die grundlegende Frage dürfte sein: Erfassen Art. 102 AEUV und § 19 GWB sämtliches Marktverhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens gegenüber Endverbrauchern, das diesem Unternehmen erst aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung möglich wird? Das OLG Düsseldorf sagt nein. Es fordert einschränkend eine wettbewerbsschädliche Verhaltensweise des marktbeherrschenden Unternehmens.

    Aber der Endverbraucher hat im Wettbewerb eine andere Funktion als die anderen Marktteilnehmer. Natürlich steht er als Nachfrager im Wettbewerb zu anderen Endverbrauchern. Aber er hat nicht mehr die Aufgabe, Wert zu schöpfen; er darf als letzte Marktstufe von der Wertschöpfung der anderen Marktstufen profitieren. Denn die Marktwirtschaft dient dem Menschen.

    Daher darf man fragen, welcher Wettbewerb denn nach Meinung des OLG Düsseldorf geschädigt werden müsste. Der Wettbewerb unter den Endverbrauchern als Nachfrager? Das halte ich aus den vorgenannten Gründen für fraglich. Ziel des Kartellrechts ist wohl weniger, den Wettbewerb unter Endverbrauchern zu fördern, als die Endverbraucher vom Wettbewerb profitieren zu lassen.

    Oder muss der Wettbewerb unter den Anbietern geschädigt werden? Dann wäre der Schutz des Endverbrauchers (als Nachfrager) durch Art. 102 AEUV und § 19 GWB nur noch Reflex des Wettbewerbsschutzes auf Anbieterseite. Damit wären diesen Normen Art. 101 AEUV und § 1 GWB angenähert. Das kann man (als ordoliberal denkender Kartellrechtler) für richtig halten oder (als verbraucherschützender Kartellrechtler) für falsch. Jedenfalls rührt dieser Punkt an grundlegende Fragen.

    Ich meine, der BGH hat in den vom OLG Düsseldorf angeführten Fällen diese Endverbraucher-Konstellation nicht entschieden (siehe z.B. Rn. 57 in VBL-Gegenwert I; Frau Pechstein ist in gewissem Sinne wohl auch Unternehmerin). Aber es wird sehr spannend, wie sich der BGH zu dieser Frage positionieren wird. Wenn er dem OLG Düsseldorf widerspricht und keine wettbewerbsschädliche Verhaltensweise fordert, würde er dem Bundeskartellamt weitreichende Befugnisse als Verbraucherschutzbehörde einräumen. Denn dann könnte das Bundeskartellamt jedes Marktverhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens gegenüber Endverbrauchern kontrollieren, das dieses Unternehmen mit Hilfe seiner marktbeherrschenden Stellung durchsetzt.

    Verbraucherschützer würden sich freuen, dass eine so starke Behörde wie das Bundeskartellamt diese Kompetenzen erhält. Liberale wird es davor grauen, dass die Exekutive per Generalklausel eine solche Prokura zur Marktsteuerung bekommt.

    PS: Im Evangelium nach Lothar Matthäus heißt es doch „Wäre, wäre, Fahrradkette!“. 😉

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